Heidi Pitlor: "Die Heldin der Geschichte"

Allie ist alleinerziehend. Sich und ihren kleinen Sohn Cass bringt sie als Ghostwriterin durch, meist mehr schlecht als recht. Immer wieder muss sie die Mietzahlungen für ihr kleines Häuschen aufteilen, weil der Vorschuss aufgebraucht ist und die Nebenjobs nicht genug abwerfen.

 

Doch jetzt hat sie endlich wieder einen großen Auftrag! Für einen bekannten Schauspieler soll sie eine Autobiographie schreiben. Der Vorschuss ist üppig. Und dann wird der Schauspieler sexueller Übergriffe beschuldigt, das Buchprojekt wird gestoppt. Für Allie ein herber Schlag.

 

Nur kurze Zeit später aber zieht ihr Freund und Vorgesetzter einen neuen Job für sie an Land. Diesmal soll sie für die bekannte Aktivistin Lana schreiben. Ein persönliches Buch über Feminismus und Mutterschaft soll es werden, eine Autobiographie gespickt mit etwas theoretischem Hintergrundwissen, gesellschaftlichen Fakten und umsetzbaren Tipps für Frauen.

 

Allies anfängliche Freude über den spannenden Auftrag und die Zusammenarbeit mit der beeindruckenden Persönlichkeit Lana wird allerdings schnell getrübt. Lana gibt ihr gar nichts. Keine Einblicke in private Erlebnisse, keine Erzählungen über ihre Gefühle zu ihrem Sohn Norton, keine Erinnerungen an Schwangerschaft und Geburt. Immer wieder kontaktiert Allie ihre Kundin, immer wieder geht sie unzufrieden und ohne neue Erkenntnisse aus den Gesprächen. Also improvisiert sie. Schließlich hat auch sie einen Sohn geboren und erinnert sich noch genau, wie das damals für sie war.

 

So ergänzt sie die theoretischen Exkurse und praktischen Tipps, über die Lana sie zu schreiben bittet, mit ihren eigenen Anekdoten. Cass, der mit einer Barbie spielte und von einer Frau angesprochen wurde, dass die Barbie "ja hoffentlich seiner Schwester gehöre". Cass, der von anderen Kindern als "Mädchen" beschimpft wurde. Als wäre das eine Beleidigung. Sie selbst, die sich oft rechtfertigen musste, ihr Kind ohne einen Mann großzuziehen.

 

"Die Heldin der Geschichte" ist ein toller Roman über die Frage, wie man als alleinerziehende Feministin einen Sohn groß zieht - noch dazu nicht in einer modernen Großstadt, sondern in einer amerikanischen Kleinstadt. Kurz vor #metoo und kurz vor der Trump-Wahl steht Allie auch vor der Frage, wie viel Idealismus sie sich eigentlich leisten kann.

 

Heidi Pitlor ist ein Roman gelungen, der Spaß macht, aufrüttelt und zum Nachdenken anregt - ohne mit der Moralkeule zu kommen.

 

 

Verfasst von: EJ

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