Katya Apekina: "Je tiefer das Wasser"

Zwölf Jahre haben Mae und ihre ältere Schwester Edie Dennis nicht gesehen. Zwölf lange Jahren, in denen sie mit ihrer Mutter in New Orleans aufgewachsen sind, während er in New York ein gefeierter Schriftsteller wurde. Und jetzt sind sie bei ihm, ihrem Vater, mussten ihr altes Leben hinter sich lassen und auf einmal ist alles anders.

 

Edie fühlt sich unwohl, empfindet den erzwungenen Neuanfang als Verrat an ihrer Mutter und ihrer Kindheit. Mae dagegen fühlt sich wie befreit, kann endlich atmen und sie selbst sein. Doch immer noch fühlt sie eine tiefe Verbindung zur Mutter, die im fernen Louisiana in einer Nervenklinik liegt.

 

Der Roman wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, die alle in der Gegenwart des Lesers über die Vergangenheit erzählen, sich zurückerinnern - außer Edie. Sie ist mitten im Geschehen, berichtet direkt aus dem Jahr 1997, in dem der Roman spielt. Manchmal werden Briefe eingestreut, Interviews, psychiatrische Notizen oder Gedichte.

 

Ganz unaufgeregt, nach und nach, merkt der Leser, wie sich die Situation in der Familie immer weiter zuspitzt. Zunächst ist da nur ein unbestimmtes Gefühl, irgendetwas scheint komisch, dann werden auch die Erzähler immer deutlicher.

 

"Ich hätte darauf bestehen sollen, Mae mitzunehmen. Heute werfe ich mir natürlich vor, es nicht getan zu haben", erinnert sich etwa Dennis' Schwester Rose. Und ein alter Bekannter stellt fest: "Ich hatte der merkwürdigen Begegnung mit Lomack (Dennis) keine große Bedeutung beigemessen, bis ich den Beitrag seiner Tochter bei der Whitney Biennial sah. Bei der Vorstellung, dass ich vermutlich einem ihrer Rituale beigewohnt hatte, wurde mir speiübel".

 

Doch um zu erfahren, um was für "Rituale" es sich gehandelt haben könnte, warum Mae vielleicht besser aus der Familie genommen worden wäre und welcher Prozess schließlich so häufig angesprochen wird, muss der Leser sich gedulden. Erst nach und nach wird die ganze Wahrheit vor ihm ausgebreitet.

 

Die Geduld fällt nicht schwer und sie lohnt sich! Katya Apekinas "Je tiefer das Wasser" fesselt, fasziniert, nimmt mit, verstört ein bisschen. Doch bei all den toxischen Beziehungen, bei all dem Chaos und Schmerz verliert der Roman nie seine Leichtigkeit. Ein absolut lesenswertes Debut.

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