Eileen Chang: "Die Klassenkameradinnen"

New York, 1975. Die gebürtige Chinesin Zhao Jue lebt inzwischen seit einigen Jahren in der Stadt. Sie hat sich hier ein Leben aufgebaut und arbeitet als Dolmetscherin bei den Vereinten Nationen, als sie eines Tages ein vertrautes Gesicht in einer Zeitschrift entdeckt.

 

Ihre ehemalige Mitschülerin Enjuan lächelt ihr von dem Foto entgegen. Sie lebt jetzt an der Seite ihres deutschen Mannes in Washington.

 

Beide Frauen stammen aus sehr unterschiedlichen chinesischen Verhältnissen, lernten sich im gemeinsamen Internat aber gut kennen. Enjuan folgte zunächst ihrem Lehrer in die USA, und wurde dann aber mit ihrem deutschen Ehemann dort sesshaft. Der Kontakt zwischen den Frauen wurde schwieriger, brach zwischenzeitlich sogar ab.

 

Doch als Zhao jetzt das Bild der ehemaligen Freundin sieht, nimmt sie wieder den Kontakt auf. Und erinnert sich zurück an die gemeinsame Vergangenheit, aber auch daran, was ihr selbst in der Zwischenzeit widerfuhr.

 

Besonders spannend wird die Novelle "Die Klassenkameradinnen" von Eileen Chang dann, wenn man das Nachwort gelesen hat. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis darauf, dass man es vielleicht besser vor der eigentlich Lektüre lesen sollte.

 

Hier wird verraten, dass die Figur der Zhao Jue der Autorin dermaßen ähnelt, dass man von deutlichen  autobiographischen Bezügen ausgeht. Doch damit nicht genug: auch die anderen Figuren scheinen tatsächliche Vorbilder gehabt zu haben, weswegen Eileen Chang verfügte, den Text erst nach ihrem Tod zu veröffentlichen. Dies geschah erstmals 2004, jetzt wurde der Text ins Deutsche übersetzt.

 

Aber nicht nur über die Autorin selbst erfährt man viel. Auch gesellschaftliche und politische Hinweise auf die Zeit findet man reichlich.

 

Ein spannender kleiner Text, der einen mitnimmt in eine andere Welt.

 

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