Anne von Canal: "Whiteout"

Eis, Schnee und Himmel in der Antarktis: alles ist weiß, alles verschwimmt. Dieses Phänomen nennt sich "Whiteout".

Hanna kann das gerade mit eigenen Augen beobachten, denn sie ist mit anderen Polarforschern am südlichsten Zipfel der Erde, um wichtige Bohrungen im Eis vorzunehmen. Schon als Kind hat sie gemeinsam mit ihrem Bruder Jan und der Freundin Fido gespielt, sie wären die Eisforscher Edward Adrian Wilson, Roald Amundsen und  Robert Falcon Scott. Obwohl Hanna also ihren Kindheitstraum lebt, fühlt sie sich in all dem Eis und unter ihren Kollegen verloren:

"Ich bin. Allein. So ist es hier: alles ist nichts und wenig ist viel. Und Einsamkeit das tröstlichste Gefühl."

 

Eines Tages bekommt sie eine kurze Nachricht von ihrem Bruder, der ihr mitteilt, Fido sei gestorben. Obwohl sie seit 20 Jahren nichts von ihr gehört hatte, geht die Freundschaft Hanna immer noch nah.  Gleich nachdem sie sich kennengelernt hatten, wurden die beiden Mädchen und Jan zu unzertrennlichen Freunden.

"Das waren wir. Ein Schatten und eine Seele. Es war so einfach."

 

Während Hanna so abgelenkt nun immer wieder gedanklich in die Vergangenheit abdriftet und der Frage nachgeht, warum Fido nach dem Schulabschluss wortlos die Freunde verließ, fällt der Generator der Forschergruppe aus. Ein Blizzard zieht auf und erschwert die angespannte Situation der Forscher zusätzlich.

"Der Blizzard hat neue Schneeberge aufgetürmt, die Landschaft umgebaut, wie es ihm gefällt. Sie bleibt keine fünf Minuten gleich, wenn der Stirm seine Finger im Spiel hat."  

 

Der Romantitel passt also doppelt: zum einen spielt er auf Hannas aktuelle berufliche Situation im Eis an, zum anderen verschwimmen auch im Roman immer wieder Grenzen, nämlich etwa die zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Es gibt keine abgeschlossenen Kapitel, der Erzählstrang wechselt von einer vergangenen Freundschaft zu Überleben und Arbeiten im Eis und zurück.

Anne von Canal hat mit "Whiteout" ein nicht allzu langes (189 Seiten), aber sehr eindringliches und spannendes Buch geschrieben, das einem durchaus noch etwas nachhängt, nachdem man es ausgelesen hat.

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